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Berlin ist Heimat von Deutschlands erster blinder Anwältin: „Das Gericht ist mein zweites Zuhause“

Pamela Pabst kommt 1978 blind zur Welt. Doch trotz ihres Handicaps ließ sich die Berlinerin nicht aufhalten, ihren Traum zu verwirklichen.

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© BERLIN LIVE / Wengert

Berlin: Das ist Deutschlands Hauptstadt

Berlin ist nicht nur Deutschlands Hauptstadt, sondern auch die größte Stadt der Bundesrepublik. Im Jahr 2022 wohnten 3,75 Millionen Menschen hier. Die Tendenz ist steigend. Zudem kamen im gleichen Jahr rund 10 Millionen Gäste für insgesamt 26,5 Millionen Übernachtungen in die Hauptstadt.

Pamela Pabst ist ein ganz besonderer Mensch. Obwohl die Berlinerin blind zur Welt kam, konnte sie nichts und niemand aufhalten, ihren Traum zu verwirklichen. Und der stand schon in jungen Jahren fest: Pabst wollte Anwältin werden – und zwar am Kriminalgericht in Moabit.

Um diesen Wunsch wahrwerden zu lassen, mussten einige Hürden rund um Jura-Studium, Examen und Co. gemeistert werden. Selbstverständlich alles mit zusätzlichem Handicap. Heute kann Pabst das Berliner Gericht ihr zweites Zuhause nennen. Bei einem Rundgang mit BERLIN LIVE präsentierte die Strafverteidigerin das historische Gebäude aus ihrer ganz eigenen Sicht.

Pamela Pabst kennt das Gericht wie ihre eigene Westentasche

Mit ihrem täglichen Begleiter in der Hand – dem Blindenstock – und einem Rucksack voller Akten wartete Pamela Pabst an einem Freitagmorgen in der riesigen Empfangshalle auf uns. „Die ist höher als das Brandenburger Tor“, stellte die Rechtsanwältin gleich zu Beginn klar. Und das war es noch längst nicht mit Zahlen und Fakten.

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Pamela Pabst, Deutschlands erste blinde Strafverteidigerin. Credit: BERLIN LIVE / Wengert

„Die Vorderfront des Gebäudes beträgt eine Länge von 210 Meter und die Türme sind 60 Meter hoch“, fügte Pabst hinzu. Mit eigenen Augen konnte sich die Berlinerin davon allerdings noch nie überzeugen: „Ich sehe die Fenster und Lampen als helle Flecken, die Türen kann ich schemenhaft erahnen.“

Berliner Anwältin lässt sich von Wachtmeistern herumführen

Woher die blinde Frau dann aber all das Wissen hat? „Es gibt ein Buch zum Gerichtsgebäude. Das ist quasi meine Bibel“, verriet Pabst gegenüber BERLIN LIVE. Das Geschenk von ihrem früheren Mentor ließ sich die Anwältin mehrfach vorlesen – samt aller Lagepläne und unterirdischer Gänge mit Verbindung zur angrenzenden JVA Moabit.

Von Wachtmeistern ließ sich Pabst das Gebäude dann vor Ort zeigen: „Ich war da vom Keller bis zum Dachboden.“ Derartige Führungen sind aus Sicherheitsgründen eigentlich nicht gestattet. „Ich hab dann immer gesagt, wenn mich jemand fragt, wer mir das unerlaubt gezeigt hat – ich kann sie doch sowieso nicht beschreiben. Ich weiß tatsächlich bis heute nicht, wer da so mit mir unterwegs war“, schmunzelte die 46-Jährige.

Blinder Strafverteidigerin ist jedes kleine Detail bekannt

Auch die Fliesen im Gebäude ließ sich Pabst ganz genau beschreiben. Manche von ihnen sind mit den Buchstaben „KCG“ verziert. „Das heißt nicht krass, cool, geil – sondern das heißt Königliches Criminal Gericht“, stellte die Strafverteidigerin klar. Ihren Humor scheint die blinde Frau wohl trotz aller Schicksalsschläge nie verloren zu haben.

Souverän und sicher wirbelte Pabst durch die langen Flure des Gebäudes. Die Anwältin brachte einen an Ecken, denen trotz mehrfach zuvor besuchter Verhandlungen wohl nie wirklich Beachtung geschenkt wurde – beispielsweise den mit Blumen verzierten Jungfernstieg, über den früher die inhaftierten Frauen ins Gericht begleitet wurden. „Ich bin da auch mal hochgeklettert, um die Blümchen zu ertasten. Das ist unglaublich dreckig da oben“, plauderte Pabst beiläufig aus.

Pamela Pabst: „Ich finde das absolut großartig!“

Abschließend wollte Pabst auch die „grüne Tür“ im Kriminalgericht Moabit bei ihrer privaten Führung nicht außen vor lassen. Dieser besagte Durchgang führt einen Anwalt nämlich direkt zur Vorführstelle. Dort kann vor dem Prozess noch ein kurzer Austausch mit den Mandanten stattfinden, bevor diese unterirdisch in den jeweiligen Saal geführt werden.

Vom durchdachten Bau des Gerichtsgebäudes ist Pabst auch Jahre später noch vollkommen beeindruckt: „Ich finde das absolut großartig!“ Und mit dieser Euphorie steckt die blinde Strafverteidigerin die Menschen um sich herum im Handumdrehen an.

Trotz Handicap: Anwältin lässt sich nicht unterkriegen

Extrawünsche äußert Pabst aufgrund ihres Handicaps am Gericht übrigens nicht. Ihre angesetzten Verhandlungen finden trotz Blindheit nicht ausschließlich nur im Erdgeschoss statt: „Ich bin ja nicht gehbehindert, da würde keine Sau drauf achten. Wenn ich damit ankomme, dann würde man sagen – Frau Pabst, suchen sie sich einen anderen Beruf!“


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Doch genau dazu darf es nie kommen. Denn bereits wenige Minuten in der Gegenwart der blinden Rechtsanwältin verdeutlichen, wie sehr sie ihre tägliche Arbeit in der Kanzlei und dem Kriminalgericht Moabit liebt. Pabst hat schlichtweg ihre Berufung gefunden – und geht darin voll und ganz auf.