Es war eine Antwort, die nicht nur den Fragesteller überraschte. Nicht zum ersten Mal hat der Linke-Abgeordnete Niklas Schrader abgefragt, wie viele Mobbing-Fälle es zuletzt bei der Berliner Polizei gab. Wie bereits vor zwei Jahren lautete die Antwort der Innenverwaltung: „Keine.“
Eine Antwort, die Schrader angesichts von mehr als 20.000 Beschäftigten nicht so recht glauben mochte, wie er verschiedenen Medien erklärte. Allein die Statistik – rund 17 Prozent aller Deutschen berichten, bereits Mobbing bei Kollegen oder Vorgesetzten miterlebt zu haben – spricht dagegen. Und auch ein Berliner Polizist widerspricht gegenüber BERLIN LIVE vehement.
Berlin: Polizist berichtet von Mobbing
Es sei eine „hanebüchene Erzählung, bei der Polizei Berlin könne es keine Mobbing-Fälle geben“, erklärt Oliver von Dobrowolski. Der 47-Jährige ist Kriminalhauptkommissar bei der Polizei Berlin. Er arbeitete unter anderem als Teil einer Einsatzhundertschaft, im Bereich Organisierte Kriminalität und zwischen 2020 und 2022 in der Brennpunkt- und Präsenzeinheit (BPE), für die er sich freiwillig bewarb.
In seinem Buch „Ich kämpfe für eine bessere Polizei“ hatte von Dobrowolski bereits über eigene Mobbing-Erfahrungen geschrieben. Diese würden sich vor allem auf Vorgesetzte beziehen, die ihn wegen seiner Haltungen schlechter gestellt und diffamiert hätten. Gegenüber BERLIN LIVE erklärt er, dass es auch Anfeindungen und Ausgrenzung von Kollegen gegeben habe.
Und er sei dabei längst nicht der einzige, wie er schildert. „Mir sind vielfältige Vorkommnisse bekannt, bei denen Kollegen ebenfalls Ziel von Mobbing und oder Bossing wurden“, erklärt er. „Ich habe erlebt, wie sich diese Dienstkräfte aus ihrem Arbeitsbereich zurückzogen, meist unter Hinnahme von Karriereschäden, oder aber die Personen „flüchteten“ in dauerhafte Erkrankung, Frühpensionierung oder trugen sich sogar mit Kündigungsgedanken.“
Polizist vermutet: Darum verschweigt die Polizei Mobbing
Zudem berichtet von Dobrowolski von mehreren Kollegen, die in seinen 25 Dienstjahren Suizid begangen hätten. Der Polizist kritisiert, dass sein Arbeitgeber die Ursache stets auf private Gründe reduziere und gezielt Mobbing verschweige. Er vermutet, dass die Polizei das gezielt verschweige, um nach außen als Institution, in der nur gesunde Menschen arbeiten und als guter Arbeitgeber dazustehen.
Mehr News aus Berlin:
Doch nicht nur in Sachen Mobbing werden er und seine Kollegen mit ihren psychischen Sorgen alleine gelassen, kritisiert der Polizist. „Psychologische Hilfe oder Krisenintervention nach verstörenden Einsatzlagen sind weiterhin eher die Ausnahme als die Regel“, klagt er an. Zudem würden privat veranlasste Psychotherapien im Kollegenkreis immer noch verschwiegen. Das würde Tür und Tor für Depressionen öffnen, schließlich seien die psychischen Bedingungen im Polizeiberuf aufgrund verschiedenster Erschwernisse schlechter als anderswo.