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Berlin zur Reichspogromnacht am 9. November: Können Jüdinnen und Juden sicher gedenken?

Am Donnerstag (9. November) jährt sich die Reichspogromnacht zum 85. Mal. So will die jüdische Gemeinde an diesem Tag gedenken.

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u00a9 IMAGO/Funke Foto Services

Berlin: Das ist Deutschlands Hauptstadt

Berlin ist nicht nur Deutschlands Hauptstadt, sondern auch die größte Stadt der Bundesrepublik. Im Jahr 2022 wohnten 3,75 Millionen Menschen hier. Die Tendenz ist steigend. Zudem kamen im gleichen Jahr rund 10 Millionen Gäste für insgesamt 26,5 Millionen Übernachtungen in die Hauptstadt.

Der Antisemitismus ist nach Berlin zurückgekehrt. Das haben die Ereignisse der vergangenen Wochen gezeigt. Häuser, in denen Juden wohnen, werden mit Davidsternen beschmiert und auf Demonstrationen werden antiisraelische Parolen gerufen.

Und das alles in einem Jahr, in dem sich die Reichspogromnacht zum 85. Mal jährt. Die Nacht, in der die Nationalsozialisten dazu aufriefen, jüdische Geschäfte und Synagogen zu zerstören. Die Nacht, in der der Juden-Hass der nationalsozialistischen Regierung eine neue Dimension erreichte.

Jüdische Gemeinden in Berlin freuen sich auf ihre Veranstaltungen

Anlässlich dieses traurigen Jubiläums wollen die Berliner Jüdinnen und Juden am Donnerstag (9. November) ihrer Angehörigen gedenken. In vielen Synagogen und Gemeinden finden Veranstaltungen statt. So lädt zum Beispiel Rabbiner Teichtal von der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin zusammen mit der evangelischen und katholischen Kirche sowie dem Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, Jörn Oltmann, zu einer Gedenkfeier ein. Diese soll am Mahnmal der ehemaligen jüdischen Synagoge stattfinden. Doch wie schätzt die Gemeinde die Teilnahmebereitschaft ein? Fühlen sich die Mitglieder sicher?


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Auf Anfrage von BERLIN LIVE erklärt Pressesprecherin Jana Erdmann, dass es großes Interesse an der Veranstaltung gäbe. Zwar haben die Mitglieder „berechtigte Angst, aber das hindert sie nicht daran, zur Synagoge oder zu Gedenkveranstaltungen zu gehen.“

Ähnliches berichtet auch Ilan Kiesling, Pressesprecher der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Sie veranstaltet am Donnerstag im Gemeindehaus Fasanenstraße eine Gedenkveranstaltung, bei der auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und der israelische Botschafter dabei sein werden.

„Wir sind keine Opfer, nie wieder!“

Er schreibt: „Für unsere Einrichtungen existiert schon seit längerem eine erhöhte Sicherheitsstufe. So haben sich unsere Gemeindemitglieder bereits seit Jahrzehnten daran gewöhnt, dass das Gemeindeleben quasi hinter Schutzzäunen und Überwachungskameras stattfindet.“ Die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden laufe gut, fügt er hinzu.

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Die jüdische Gemeinde Berlins gedenkt gemeinsam mit den Bürgern der Hauptstadt den Opfern der Reichspogromnacht, die sich dieses Jahr zum 85. Mal jährt. Credit: IMAGO/imagebroker

Auch Erdmann macht auf die Widerstandsfähigkeit der Gemeinde aufmerksam: „Das jüdische Volk hat durch die Geschichte hinweg Hass, Pogrome und NS-Zeit immer wieder überstanden. Das werden wir auch diesmal und wir sind keine Opfer, nie wieder!“ Doch sie gibt auch zu bedenken: „Der Schutz durch die Polizei, eine interne Security, Einlassschleusen und Scanner wie am Flughafen wirken nicht gerade einladend.“

„Der Schutz des jüdischen Lebens hat für die Polizei oberste Priorität“

Dennoch freuen sich die Mitglieder ihrer Gemeinde auf die Feierlichkeiten: „Wir als Gesellschaft sind dazu aufgerufen, persönlich Verantwortung für andere zu übernehmen und ein positives Miteinander aktiv zu gestalten.“ Das hat auch mit dem Selbstverständnis als offene Gemeinde zu tun, die ihre Funktion auch in der interkulturellen Arbeit sieht.

Die Berliner Polizei erklärt auf Anfrage: „Der Schutz des jüdischen Lebens hat für die Polizei oberste Priorität. Die Schutzmaßnahmen an diesen Objekten liegen auch am 85. Jahrestag auf einem kontinuierlich hohen Niveau.“ Es ist noch nicht sicher, wie viele Einsatzkräfte im Einsatz sein werden. Doch „ein entsprechender Veranstaltungs- und Versammlungsschutz (werde) gewährleistet.“


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Darüber freut sich Kiesling: „Der Schutz wurde (seit der Eskalation in Israel) bereits sichtbar und unsichtbar verstärkt.“ Auch Jana Erdmann blickt zuversichtlich auf den Abend: „Wir als Jüdische Gemeinde Chabad Berlin (sind) davon überzeugt, dass die Berliner Gesellschaft uns gegenüber positiv eingestellt ist und ihre verschiedenen Kulturen gut koexistieren können.“