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Cannabis in Berlin: Apothekerin über Vorwürfe von Social Clubs – „Nicht der natürliche Feind“

Einige Cannabis Social Clubs in Berlin verlieren Mitglieder an Apotheken und erheben Vorwürfe. Was sagt eine Apothekerin zum Ärger?

Cannabis in Berlin
© IMAGO/Bihlmayerfotografie

Berlin: Das ist Deutschlands Hauptstadt

Berlin ist nicht nur Deutschlands Hauptstadt, sondern auch die größte Stadt der Bundesrepublik. Im Jahr 2022 wohnten 3,75 Millionen Menschen hier. Die Tendenz ist steigend. Zudem kamen im gleichen Jahr rund 10 Millionen Gäste für insgesamt 26,5 Millionen Übernachtungen in die Hauptstadt.

Sie warten noch immer! Auch, wenn die Cannabis-Teillegalisierung bereits Monate zurückliegt, dürfen nahezu alle Social Clubs in Berlin weiterhin kein Gras anbauen. Einige Mitglieder scheinen deswegen die Geduld zu verlieren. Sie beschaffen sich ihr Cannabis anderswo, genauer gesagt in Apotheken.

Das erklärte Oliver Waack-Jürgensen, Vorsitzender des Cannabis Social Club (CSC) High Ground kürzlich gegenüber der „Berliner Morgenpost„. Für ihn ist klar: „Die Apotheken übernehmen stillschweigend die Kundschaft der Clubs.“ Doch was ist an dem Vorwurf dran? BERLIN LIVE sprach mit einer Apothekerin, die in ihrer Apotheke Patienten mit medizinischem Cannabis versorgt.

Cannabis in Berlin: Social Clubs verlieren Mitglieder an Apotheken

20 von 100 Mitgliedern hat der Cannabis Social Club von Oliver Waack-Jürgensen wohl an Apotheken verloren, schätzt er. Weitere Clubs verzeichnen ebenfalls einen Mitgliederverlust zugunsten von Apotheken. Ein Umstand, der für erhitzte Gemüter bei den Betreibern der Social Clubs sorgt.

Für sie sind die Apotheken eine Konkurrenz. Zumindest einige, vor allem Online-Apotheken. Berliner Apotheken, wie beispielsweise die Rosen-Apotheke von Hendrikje Lambertz, zählen wohl nicht dazu. Das wird schnell deutlich, als BERLIN LIVE die Inhaberin dieser erreicht.

Hoher Aufwand für Apotheken bei Rezepturen

„Ich selbst habe einige wenige Patienten, die aber zulasten der GKV versorgt werden mit Cannabiszubereitungen“, erzählt Lambertz und erklärt, dass Apotheken Patienten schon immer, auch vor der Teillegalisierung von Cannabis, mit Cannabis oder Cannabinoid haltigen Rezepturen versorgt haben.

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Und das war und ist nicht gerade ein lukratives Geschäft, da es sich um sogenannte Individualrezepturen handelt. „Ein pharmazeutischer Mitarbeiter ist damit sehr lange in der Rezeptur beschäftigt“, so die Apothekerin. Es müssten unter anderem die Ausgangsstoffe sowie die Rezeptur geprüft werden und zudem müsste unter anderem ein Herstellungsprotokoll angefertigt werden. (hoher Dokumentationsaufwand)

„Also letztlich muss man miteinander darüber sprechen.“

Ein großer Aufwand, an dessen Ende keinesfalls die Kassen klingeln. Am Ende blieben „die anteilig verwendeten Ausgangsstoffe plus Aufschlag, dazu noch ein Fixaufschlag von 8,35 Euro und ein Herstellungszuschlag von 6 Euro (bei z.Bsp. Kapselherstellung etwas höher da sehr aufwendig).“ Dies gilt für Kassen-Rezepte. Wie es bei Privatrezepten aussieht? Für Hendrikje Lambertz schwer zu sagen, da sie ausschließlich Kassen-Patienten mit medizinischem Cannabis versorgt.


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Den Ärger von Oliver Waack-Jürgensen und der Social Clubs kann sie verstehen, auch wenn sie vermutet, dass die (ehemaligen) Social Club Mitglieder in Berlin ihr Cannabis über Privatrezepte von Online-Apotheken beziehen und folglich nicht in ihrer oder anderen Vor-Ort-Apotheken.

An dieser Stelle ist ihr auch wichtig zu betonen: „Die Apotheke vor Ort ist im Zusammenhang der Teillegalisierung von Cannabis und Etablierung von Anbauclubs überhaupt nicht der natürliche Feind und schlichtweg komplett außen vor.“ Die Probleme bestünden laut der Apothekerin darin, dass das Gesetz „politisch unausgereift durchgedrückt wurde damals vom Minister“ und die Anbauclubs durch verwaltungsrechtliche Probleme mit Stillstand zu kämpfen hätten, während sich im Internet ein Online-Privatrezept-Modell für medizinisches Cannabis ausgebreitet habe.

Eine solche Entwicklung habe der Gesetzgeber „nicht mitgedacht“ und würde er bislang auch nicht nachregeln. Für Hendrikje Lambertz steht daher fest: „Man muss genau hier gemeinsam den Gesetzgeber auffordern, hinzuschauen.“ Das entstandene Online-Geschäft durch den Wegfall der Einordnung von Cannabisprodukten als Betäubungsmittel sei „an der eigentlichen Intention des Gesetzes vorbei und vor allem vorbei an behördlicher Kontrolle.“ Deswegen müsse der Gesetzgeber aktiv werden, so die Apothekerin.