In Berlin leben inzwischen fast vier Millionen Menschen auf recht engem Raum. Für die Versorgungsdienstleister eine Mammutaufgabe, alle Haushalte am Netz zu halten. Wenn es zu Stromausfällen kommt, sind schnell zehntausende Menschen betroffen und das alltägliche Leben kommt zum Erliegen.
Wie jetzt im Südosten der Stadt. Dort brannten in den frühen Morgenstunden des Dienstags (9. September) offenbar mehrere Strommasten. Inzwischen ist das Ausmaß einigermaßen klar. Wohnungen, Geschäftsräume und der ÖPNV sind betroffen.
Stromausfall in Berlin: Mehrere Umspannwerke betroffen
Auf Anfrage der „BZ“ bestätigte Stromnetz Berlin, dass in Johannisthal gegen 3.30 Uhr zwei Masten gebrannt hätten. Das Feuer habe man löschen können – dennoch seien Stromleitungen beschädigt worden, die nun für massive Ausfälle sorgen. Ob der Brand vorsätzlich gelegt wurde, ist derzeit unklar. Rund 50.000 Kunden seien von den Stromausfällen betroffen.
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Außerdem wirken sich die Probleme im Netz auf vier Umspannwerke aus. Das sorgt auch im Straßenverkehr und ÖPNV für Schwierigkeiten. „Die S-Bahnen und Straßenbahnen fahren nicht, Ampeln sind ausgefallen“, teilte die Verkehrsinformationszentrale Berlin (VIZ) via Bluesky mit. Die Polizei bestätigte, dass das Problem großflächig sei. Die genauen Ausmaße seien am Morgen noch nicht abzuschätzen.
Polizei geht von Brandstiftung aus
Aufgrund des Stromausfalls in Berlin fuhren die Züge der S-Bahn Berlin im Südosten zeitweise nicht. Inzwischen ist der Verkehr aber wieder aufgenommen. Die Polizei geht indes von Brandstiftung aus, wie ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. Kriminaltechnik und Kriminalpolizei seien vor Ort. Die Ermittlungen hat der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz des Landeskriminalamts übernommen.
Diese Einschätzung teilt auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Wir müssen nach wie vorher feststellen, dass unsere kritische Infrastruktur aufgrund einzelner Monopollösungen und fehlender Redundanzen nicht auf derartige Angriffe vorbereitet ist und hier über Jahre geschlafen wurde“, heißt es in einem Statement vom Dienstag.
Am Nachmittag tauchte außerdem ein Bekennerschreiben auf dem linksextremistischen Portal Indymedia auf, wie der „Tagesspiegel“ berichtet. Darin heißt es, der Anschlag habe dem dem militärisch-industriellen Komplex in Europas größtem Technologiepark in Adlershof gegolten. Die Polizei prüft derzeit das Schreiben. Anwohner bat man um Nachsicht. Man sehe „diesen Kollateralschaden als vertretbar an“. Die Gruppe schrieb des weiteren, jedes Geschäftsmodell aus den Bereichen der Hightech-Industrie, das im Technologiepark Adlershof angesiedelt sei, fungiere systemstabilisierend und sei ein Produkt militärischer Interessen.
Netzbetreiber spricht Bitte aus
Am Mittwochmorgen (10. September) meldet der Netzbetreiber Stromnetz Berlin, dass man über Nacht viele Berliner wieder ans Netz bringen konnte. 20.000 Haushalte seien aber nach wie vor betroffen. Um das Netz möglichst stabil zu halten, sprachen die Betreiber eine Bitte aus: „Wir möchten nochmals alle Kunden, die vom Stromausfall betroffen waren und zurzeit schon wieder versorgt sind, um Mithilfe bitten. Bitte reduzieren Sie Ihren Stromverbrauch.“
Bei dem Stromausfall handelt es sich um den längsten solchen Fall seit mindestens 25 Jahren. Das erklärte Netzbetreiber-Sprecher Henrik Beuster der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Notruf weiterhin nicht überall erreichbar
Wie die Feuerwehr am Mittwochabend mitteilte, kann es in den vom Stromausfall betroffenen Gebieten in Berlin weiterhin zu Einschränkungen im Mobilfunknetz kommen. Das bedeutet, auch der Notruf ist womöglich weiterhin nicht überall erreichbar. Folgende Notrufannahmestellen stehen betroffenen Bürgern aktuell zur Verfügung:
- Semmelweisstraße 83, 12524 Berlin
- Schönefelder Chaussee/ Wegedornstraße, 12524 Berlin
- Ehrenfelder Platz, 12524 Berlin
- Oberspreestraße 37, 12493 Berlin
- S-Bhf Spindersfeld, 12555 Berlin
- Eisenhutweg/ Straße am Flugplatz, 12487 Berlin
Blackout geht in den dritten Tag
Wie der Netzbetreiber am Donnerstagmorgen mitteilte, sind immer noch viele Menschen ohne Strom. Das betreffe zu Beginn des dritten Tags 13.700 Kunden, darunter vor allem Haushalte und auch Firmen und Geschäfte im Bezirk Treptow-Köpenick. Bis zum Abend sollen alle Menschen wieder das Licht einschalten können.
Im Abgeordnetenhaus äußerte sich Innensenatorin Iris Spranger (SPD) erneut zu dem Anschlag. Sie erklärte, die Ermittler gingen von linksextremen Tätern aus. Das Bekennerschreiben werde als authentisch eingeschätzt. Gestern habe die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen übernommen.
Alle Haushalte haben wieder Strom
Am Donnerstagnachmittag gab es dann nun endlich die Nachricht, auf die alle gewartet haben: Alle Haushalte haben wieder Strom! In den vergangenen Stunden war eine Zwischenlösung errichtet worden. Zwei Leitungen nahe der beschädigten Strommasten wurden verbunden. Die Reparaturen der beschädigten Leitungen sollen in den nächsten Tagen beginnen.

