Veröffentlicht inPolitik

Bundestag: Frostige Mobbing-Atmosphäre! SPD-Politiker packt aus: „Nicht mal mehr gegrüßt“

Frostige Atmosphäre im Bundestag. Es gehe zu wie „im Kühlschrank“, erzählt jetzt SPD-Politiker Michael Roth. Er will nicht mehr mitmachen.

SPD-Mann Roth verlässt den Bundestag nach der nächsten Wahl.
© imago images/photothek

Bundestag: 5 überraschende Fakten über das Reichstagsgebäude

In diesem Video stellen wir dir fünf überraschende Fakten über den Bundestag vor.

Ein angekündigter Rücktritt in den Reihen der SPD ermöglicht uns einen Einblick, wie es zwischenmenschlich im Bundestag und in der Spitzenpolitik abläuft. Offenbar braucht man ein dickes Fell und Ellenbogen-Mentalität, um in der Hauptstadt nicht unterzugehen.

+++ Auch interessant: Bundestag: „Diese blöde Frage?!“ – Politiker auf 180 – Zuschauer entsetzt +++

In einem offenen Interview spricht SPD-Politiker Michael Roth darüber, wie sehr er mittlerweile in eine „innere Distanz zum Betrieb“ gegangen ist. Nun will er bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr antreten. Er sagt: „Wenn man heute Spitzenpolitik betreibt, muss man sich fast komplett aufgeben. Man steht ständig unter öffentlicher Kontrolle, muss sich permanent äußern, hat kaum Zeit, einfach in Ruhe nachzudenken. Das ist brutal!“ Als Spitzenpolitiker müsse man jeden Tag „einfach nur überleben“.

Frostige Atmosphäre bei Fraktionssitzungen im Bundestag

Schon seit 1998 ist Roth Mitglied im Bundestag. Er hat es weit gebracht. Aktuell ist er Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. In der Großen Koalition war er von 2013 bis 2021 Staatsminister für Europa. Einmal kandidierte er auch für den SPD-Vorsitz, scheiterte jedoch bei der Basis-Abstimmung. Nun soll bald Schluss sein mit seiner Politik-Karriere.

In einem „Stern“-Interview verkündet Roth jetzt: „Ich habe den Biss nicht mehr“. Die Gründe haben es in sich. Man könnte von Mobbing innerhalb seiner SPD-Fraktion sprechen. Der Hesse gilt als einer der entschiedensten Befürworter von mehr Waffenlieferungen an die Ukraine und warb auch früh in den Medien für Exporte von Panzern und anderen Rüstungsgütern. Das gefiel scheinbar nicht allen Genossinnen und Genossen.

„Ich bin leidenschaftlicher Sozialdemokrat, wollte ja auch mal Vorsitzender der SPD werden. Aber im letzten Jahr habe ich gemerkt, dass ich mit unseren Sitzungen immer mehr fremdele. Dass mich die Gremien stören, die Stimmung darin. Wenn die Tür zum Fraktionssaal aufging, hatte ich zuletzt den Eindruck, ich steige in einen Kühlschrank“, packt er aus.

„An dem Tag war alles scheiße“

Einige Kollegen im Bundestag hätten ihn „nicht einmal mehr gegrüßt“, beklagt Roth. Die Frage um Krieg und Friede habe in der Partei für „eine neue Härte“ gesorgt. Er berichtet weiter, manchmal fühle er sich wie ein Fremdkörper. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass er öffentlich stark für seine Haltungen geworben, das Gespräch mit Kollegen aber vernachlässigt habe. „Insofern trage ich auch eine Mitverantwortung für die Entfremdung“, räumt der SPD-Mann ein.

Ein herber Rückschlag war seine Niederlage auf dem SPD-Parteitag 2023. Dort wurde er nicht erneut in den SPD-Vorstand gewählt, es gab hämischen Jubel bei der Ergebnisverkündung im Saal. „An dem Tag war alles scheiße“, gesteht Roth im „Stern“. Die Pleite sei aber nicht der Grund für seinen Rücktritt.

Es sind erschüternde Offenbarungen eines der prominentesten Gesichter im Deutschen Bundestag – und sie zeigen, wie es im politischen Berlin wirklich zugeht, wenn man nicht voll auf Parteilinie ist.


Mehr Themen für dich:


Schon 2022 musste Roth wegen einer mentalen Erschöpfung einige Monaten pausieren. Nun zieht er endgültig den Schlussstrich und will sich dem Druck in Berlin nicht mehr antun.