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Europawahl: Verlieren die Grünen die Generation Z an die AfD? “Junge Männer fallen zurück”

Sorge bei den Grünen vor der Europawahl 2024: Klaut ausgerechnet die AfD Stimmen bei Erstwählern. Das sagt Spitzenkandidatin Reintke.

Die Generation Z polarisiert sich: Die Grünen sind noch stark vertreten, aber viele tendieren auch zur AfD.
u00a9 IMAGO/Markus Matzel

Europawahl 2024: Interview mit Grünen-Spitzenkandidatin Terry Reintke

Zur bevorstehenden Europawahl haben wir einige Fragen an die Spitzenkandidatin der Grünen, Terry Reintke.

Erstmals können bei der Europawahl schon 16-Jährige ihre Stimme abgeben. Die junge Generation war stets eine Hochburg für die Grünen. Doch der Trend scheint sich zu drehen und die AfD für Jungwähler der Generation TikTok an Attraktivität zu gewinnen. Darüber hinaus könnten Aktivisten aus der “Fridays for Future”-Bewegung aus Enttäuschung über die grüne Realpolitik in der Ampel-Koalition am Wahltag zur “Letzten Generation” abwandern, die auch neu antritt. 

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Im exklusiven Interview mit unserer Redaktion geht Grünen-Spitzenkandidatin Terry Reintke auf diese Herausforderungen für ihre Partei ein. 

Grüne-Spitzenkandidatin Reintke „Gehöre nicht zu einer Großeltern-Generation“

Die Politikerin stellt eine stärkere Polarisierung in der Generation Z fest. Jedoch betont Reintke:

“Es gibt immer noch sehr viele junge Menschen, für die Klimaschutz ein total zentrales Thema ist. Die auch wollen, dass die Klimapolitik auf europäischer Ebene ambitioniert weiter geht.”

Soziale Politik und der Schutz vor Armut bewege die Gruppe der jungen Wählerinnen und Wähler darüber hinaus. Daneben sei die Verteidigung von Minderheitenrechten ein Thema, mit dem man die Generation Z mobilisieren könne.

“Ich weiß, dass ich für 16-Jährige wahrscheinlich auch ein zumindest älterer Mensch bin, aber ich gehöre ja noch nicht zu einer Großeltern-Generation”, so Reintke im Interview. Entsprechend will sie mit ihrer Partei Erst- und Jungwähler auch über TikTok erreichen. Dort hat sie allerdings aktuell erst knapp über 2.000 Follower, die Grünen immerhin rund 10.000. Die AfD-Bundestagsfraktion kommt im Vergleich auf fast 420.000 Follower in diesem Sozialen Netzwerk und entsprechende Reichweiten!

Rechtsruck bei Europawahl 2024 „kein Automatismus“

Reintke erkennt, dass  “vor allem junge Männer viel stärker in zum Teil autoritäre und nationalistische Narrative” zurückfallen. Sie zeigt sich dennoch zuversichtlich:

“Dieser Rechtsruck von dem wir gerade sprechen, ist natürlich kein Automatismus.”

Sie verweist beispielsweise auf die Parlamentswahl 2023 in Polen, bei der die rechtspopulistische PiS-Partei verloren habe, weil vor allem junge Menschen und Frauen “mit einer Rekord-Wahlbeteiligung dazu beitragen haben, dass eine der gruseligsten rechtsautoritären Regierungen in der Europäischen Union abgewählt worden ist”. 

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Letzte Generation als neue Konkurrenz für die Grünen?

Gleichzeitig jedoch drohen den Grünen Stimmenverluste auch in einer Gruppe, die sich entschlossen für mehr Klimaschutz einsetzt. Junge Menschen, die sich bei Fridays for Future engagiert haben und nun von der Regierungspolitik der Grünen ernüchtert oder enttäuscht sind. Die Letzte Generation bietet sich bei der Europawahl mit Maximalforderungen als Alternative an. 

Reintke wirbt deshalb darum, die Grünen im Europaparlament zu stärken, um den European Green Deal weiterzuentwickeln. “Wir haben jetzt seit zwei Jahren eine Situation, wo auch von Konservativen und Liberalen, also nicht nur von Rechtsextremen, der Green Deal massiv angegriffen wird”, beklagt Reintke. Deshalb sei das grüne Ergebnis bei der Europawahl entscheidend, um „als Stimme für eine Wirtschaft, die mit China und den USA mithalten kann, weiterhin stark vertreten zu sein im Parlament”, etwa beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und einer nachhaltigen Infrastruktur.


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Die Grünen wären hierbei das “Zünglein an der Waage” im EU-Parlament bei solchen Mehrheitsfindungen, so Reintke. Ob die Letzte Generation bei der Europawahl ein oder zwei Mandate gewinnen kann, scheint sie weniger zu beschäftigen. Es gehe “um die großen Linien” und die Frage, ob es proeuropäische demokratische Mehrheiten im Parlament geben wird – oder ob ein massiver Rechtsruck stattfinde. “Deswegen werbe ich für jede Stimme für Grün.”