Es ist der letzte Septembertag in diesem Jahr 2023, ein Samstagvormittag. Die Sonne scheint, allerdings ist es bereits etwas kühler geworden im Vergleich zu den Wochen davor. Um 9 Uhr morgens geht es los! Direkt zwischen Wohnhäusern herrscht an diesem Tag mitten in der Großstadt in Berlin-Kreuzberg reges Treiben. Doch hier wird nicht etwa ein Markt aufgebaut, oder eine Demo vorbereitet – hier wird Wein geerntet.
In den Weinregionen Deutschlands ist Erntezeit. Manche Weingüter stecken noch mitten in der Weinlese, andere haben ihre Trauben bereits zur Weiterverarbeitung in die Weinkeller gebracht. Und auch in Berlin ist man derzeit fleißig. Ja, richtig gehört: Obwohl die Hauptstadt nicht wirklich in einer Weinregion liegt, wird einfach trotzdem Wein angebaut. BERLIN LIVE hat sich bei der Weinlese einmal umgeschaut.
Berlin: Kreuzberger Weinberg am Viktoriapark
Direkt hinter dem gewohnt lauten Mehringdamm, in der Parallelstraße Methfesselstraße in Kreuzberg befindet sich die Gärtnerei Hofgrün. Es ist erstaunlich ruhig, vom Straßenlärm ist hier nichts zu hören. Man betritt das Gelände, direkt unterhalb des Viktoriaparks gelegen, über ein typisches Metalltor, wie Spielplätze sie auch haben.
Für die 430 Rebstöcke, die am Fuß des Kreuzbergs stehen, ist das Grünflächenamt Friedrichshain-Kreuzberg zuständig. Eine ehrenamtliche Gruppe aus acht Leuten, unter ihnen einige Winzer, kümmert sich das ganze Jahr über um die Rebstöcke. Jeden Sonntag kommen sie hier zusammen, mal sind alle da, mal nur ein paar. Treffpunkt der Gruppe ist ein alter Bauwagen unweit der Weinreben, der als Aufenthaltsraum und Lagerstätte dient.
Weißweinlese in Berlin mit vielen Freiwilligen
Vor dem mit Graffiti gesprühtem Bauwagen stehen heute einige Stühle, auch eine alte Waage befindet sich an diesem Morgen vor dem Anhänger. Daneben stehen zahlreiche Kisten bereit, die mit Trauben befüllt werden sollen. An diesem Lese-Tag stehen rund 15 Helfer bereit, die Riesling-Trauben von den Rebstöcken zu schneiden. Seit 1968 gibt es die Weinreben hier, seit circa 10 Jahren werden sie von der ehrenamtlichen Gruppe bewirtschaftet. Seit 2019 wird der Wein in Berlin selbst gemacht. In den Jahren davor hatte man die geernteten Trauben zur Weiterverarbeitung in verschiedenste Teile Deutschlands gebracht.
Einige der Helfer sind im Rahmen eines VHS-Kurses da. Tatsächlich aber ist am Weinberg Kreuzberg jeder willkommen, der gerne einmal einen Einblick in die Welt des Weines haben möchte. Nachdem der Kursleiter und Winzer Hannes Lewerenz die Erntehelfer mit den notwendigen Erntescheren ausgestattet und ihnen erklärt hat was genau zu tun ist, geht’s los.
Wein aus Berlin: Gute Ernte in diesem Jahr
Ist die Kiste voll, tragen die Helfer sie zum Bauwagen und stellen sie auf die Waage. Tina, Winzerin und Teil der Weinberg Kreuzberg-Gruppe, schreibt die angezeigten Kilos auf. Man möchte die Ernte auch in Zahlen beziffern können.
Während die Weinlese in Deutschland normalerweise bis zu mehrere Wochen dauern kann, ist hier nach rund drei Stunden Schluss. Über 300 Kilo Weißweintrauben sind es in diesem Jahr geworden. Das ist mehr als in den Jahren zuvor.
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Nach getaner Arbeit folgt die Weinverkostung. Was aus den geernteten Trauben werden soll, dürfen die Helfer anhand des Rieslings vom letzten Jahr erfahren. Dazu gibt es Brote, Brezeln und Aufstriche. Die Rotweintrauben werden an diesem Tag trotz perfektem Lese-Wetter nicht mehr geerntet. Sie sind noch nicht reif genug und müssen noch mindestens eine Woche hängen.