Tagtäglich kommen tausende Menschen am Berliner Hauptbahnhof an. Dabei ist egal, ob sie geschäftlich oder privat anreisen, denn sie alle wollen nur eines: Weiterfahren. Gerade mit schweren Koffern ist das Taxi für viele die bequemste Möglichkeit.
Doch die Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Mitte macht diesem Wunsch einen Strich durch die Rechnung. Das macht das Taxi-Gewerbe wütend.
Taxifahrer schockiert über Planung am Berliner Hauptbahnhof
Am Dienstagmittag (7. November) riefen sie zu einer Kundgebung vor dem Berliner Hauptbahnhof auf. Doch obwohl die Sonne strahlend schien, waren viele Gesichter düster. Der Grund: Der bisherige Taxi-Stand vor dem Haupteingang am Europaplatz, an dem sie früher zahlreich auf ankommende Fahrgäste gewartet haben, ist seit etwa drei Wochen mit Betonpollern abgesperrt.
Hintergrund der Sperrung ist eine geplante Umgestaltung des Ortes: Statt der derzeitigen Betonwüste sollen zukünftig Bäume vor dem Gebäude und auf der Invalidenstraße gepflanzt werden. Gleichzeitig soll mehr Platz für E-Scooter und Fahrräder geschaffen werden.
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Berliner Taxen wollen Uber an die Kette legen
Die einzige Ausweichmöglichkeit, die sich den Fahrern jetzt bietet, ist der Taxi-Stand am Washingtonplatz. „Der Senat will, dass der Hauptbahnhof eine Visitenkarte für Berlin ist. Doch das Bezirksamt Mitte hat beschlossen, dass sieben Taxen für einen internationalen Bahnhof ausreichend sind“, erklärt Richard Leipold, der Vorsitzende der Berliner Taxivereinigung, in seiner Rede. Er erzählt weiter: „Was die Verwaltung mit den Taxen anstellt, ist einfach eine Schande für diese Stadt.“
Fahrer spricht von „Verkehrsinfarkt“
Auch Timucin Campinar, ein Taxiunternehmer, der bei der Organisation der Demonstration beteiligt war, ist wütend. „Am Washington Platz werden wir permanent einen Verkehrsinfarkt erleben! Kunden sind auf sichere, zuverlässige und vor allem leicht zu erreichende Transportmittel angewiesen.“ Doch diese sehen weder er noch seine Kollegen gegeben.
„Das Konzept geht nicht auf und hält der Realität nicht stand“, so Campinar. „Es ist weder praktikabel noch mit den Bedürfnissen der Bürger vereinbar.“ Ähnliches berichtet auch Richard Leipold: „Man bräuchte eine Mitarbeiterin, die den ganzen Tag Fahrgäste vom Europaplatz zum Washingtonplatz schickt.“ Auch Sonja von Rein, die Hauptorganisatorin der Demonstration, pflichtet bei: „Stellen Sie sich vor, sie kommen mit Koffer, Kinderwagen oder Rollator in Berlin an. Wie sollen Sie da noch E-Scooter fahren? Da sage ich nur: Willkommen in der Hauptstadt!“
Umsätze brechen ein
Nicht nur die fehlende Praktikabilität für die Fahrgäste ist ein Problem, auch die Taxifahrer leiden unter der Neuerung: So verlängern sich ihre Wartezeiten vor dem Bahnhof massiv. Ein Fahrer, der lieber anonym bleiben möchte, erzählt, er müsse teilweise 30 bis 60 Minuten warten. Dies schlage sich auch auf dem Tagesumsatz nieder. Timucin Campinar berichtet in diesem Zusammenhang von Einbußen zwischen 10 und 15 Prozent.
„Einige Fahrer meiden den Hauptbahnhof daher mittlerweile“, so Manuela Ygit. Auch sie schloss sich der Demo deshalb an.
Zufahrt in Tiefgarage nur ohne Taxi-Schild möglich
Nach Plänen des Verkehrssenats soll der Washingtonplatz zukünftig sogar nur noch für das Einsteigen genutzt werden können. Aussteigen sollen die Fahrgäste dagegen in der Tiefgarage des Hauptbahnhofs. Doch woran dabei nicht gedacht wurde, ist die Höhe der Autos. Das ist besonders für Großraumtaxen katastrophal: Die Fahrer müssen ihre Schilder abmontieren, um überhaupt in die Tiefgarage fahren zu können. Das ist nach Aussagen einiger nur im Tiergartentunnel möglich, was auch dort zu einem Verkehrschaos führen würde.
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Aber auch auf die Taxen, die ihren Weg in die Tiefgarage gefunden haben, wartet eine böse Überraschung: „In dem Parkhaus ist das Internet zu schlecht, um den Gästen eine Kartenzahlung zu ermöglichen“, so Taxi-Fahrer Matthias Psarski.
Doch das ist noch nicht genug: Einige Fahrer berichten von einer gestiegenen Kriminalität. Zwar halten sich die meisten an die neue Regelung, doch es gibt schwarze Schafe – besonders unter den Uber- und Bolt-Fahrern – aber auch unter den eigenen Kollegen. Sie halten illegaler Weise direkt auf der Invalidenstraße vor dem Europaplatz und lassen die Menschen dort ein- und aussteigen. Zwar kontrolliert das Ordnungsamt, doch für die Fahrer bedeutet das ein gegenseitiges Kunden-klauen. Ob der Protest der Fahrer Gehör findet, bleibt abzuwarten. Timucin Campinar ist zuversichtlich: „Wir wollen eine Wiederherstellung und Ausweitung des Europaplatzes. Bis es so weit ist, wollen wir Druck ausüben.“