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Berliner Arzt vor Gericht weil er half? Expertin: „Könnte wegweisend sein“

In Berlin steht aktuell ein pensionierter Arzt (74) vor Gericht. Viele Augen sind auf den Prozess gerichtet, denn er könnte wegweisend sein.

Berlin Arzt Gericht
u00a9 IMAGO/CHROMORANGE

Berlin: Das ist Deutschlands Hauptstadt

Berlin ist nicht nur Deutschlands Hauptstadt, sondern auch die größte Stadt der Bundesrepublik. Im Jahr 2022 wohnten 3,75 Millionen Menschen hier. Die Tendenz ist steigend. Zudem kamen im gleichen Jahr rund 10 Millionen Gäste für insgesamt 26,5 Millionen Übernachtungen in die Hauptstadt.

Täglich werden vor dem Berliner Landgericht zahlreiche Fälle verhandelt. Doch nur die wenigsten von ihnen ziehen eine derartige Aufmerksamkeit auf sich wie ein Fall, der dort am Dienstag (20. Februar) verhandelt wurde. An diesem ist nämlich nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch das Fachpublikum interessiert.

Vor Gericht steht Christoph T. (74), ein pensionierter Arzt. Mehr als 30 Jahre arbeitete er als Hausarzt in Steglitz. Doch nach seiner offiziellen Laufbahn schlug er eine andere ein. Seit dem Jahr 2021 begleitete er etwa 100 Menschen, die sterben wollten, in den Tod. Doch wegen eines Falls sitzt er nur vor Gericht. Nach zehn Prozesstagen soll ein Urteil fallen. Das könnte wegweisend sein, sagt eine Expertin.

Berliner Arzt vor Gericht: Totschlag oder Sterbehilfe?

Die Expertin, das ist True-Crime-Podcasterin Paulina Krasa. Zusammen mit Laura Wohlers hat sie vor einigen Jahren den Podcast „Mordlust“ ins Leben gerufen. Am Dienstag saß sie neben anderen Journalisten mit ihm Gerichtssaal, als der Fall von Christoph T. verhandelt wurde. Für ihr neues Podcast-Projekt „Justitias Wille“ begleitet Krasa den Prozess, den sie auf Instagram als „wegweisend für ähnlich gelagerte Fälle“ beschreibt. Deutschland, so schreibt sie es, sei in Sachen Sterbehilfe in einer „Findungsphase“.

Das wird ganz besonders an dem Fall von Christoph T. deutlich, der schon mehrere Menschen beim Sterben begleitet hat, nun aber erstmals vor Gericht steht. Der Grund: Die 37 Jahre alte Studentin der Tiermedizin litt nicht wie seine üblichen Sterbe-Patienten an körperlichen Leiden, sondern an Depressionen.

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Die Staatsanwaltschaft argumentiert, dass Todessehnsucht auch Symptom der psychischen Krankheit sein kann und bezweifelt den freien Willen der jungen Frau bei der Todesentscheidung. Der ist laut BGH-Urteil aber zwingend notwendig, wenn Ärzte beim selbstbestimmten Sterben helfen wollen. Daher hat sie den Berliner Arzt wegen des Verdachts des Totschlags in mittelbarer Täterschaft angeklagt.

Berliner Arzt sieht sich im Recht

Christoph T. ist sich hingegen keiner Schuld bewusst. Er hält es für eine Form der Diskriminierung, dass er Menschen mit organischen Erkrankungen in ihrem Wunsch zu sterben unterstützen darf, Menschen mit psychischen Erkrankungen aber nicht. Er erklärt vor Gericht: „Diese Frau hatte keine Wahnideen, ihr Leben im Griff – kein Zweifel an ihrer Urteils- und Entscheidungsfähigkeit! Sie wollte das Elend ihres Lebens nicht länger erdulden.“

Also habe sich der Arzt entschieden, die Patientin in den Tod zu begleiten. Im Juni 2021 überließ er ihr 80 Tabletten mit einem tödlichen Wirkstoff, die sie in seinem Beisein eingenommen habe. Der Angeklagte sei auch nach der Einnahme in der Wohnung der Frau verblieben. Die Frau habe aber überlebt, da sie die Tabletten wieder erbrach. Ein zweiter Versuch im Juli mit einer tödlichen Infusion, die die Frau selbst aufdrehte, endete dann tödlich.


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Das Urteil in dem Fall soll am 26. März fallen. Das Gericht muss dabei auch die schwierige Frage klären, ob es einen Unterschied beim Sterbewunsch von psychisch und körperlich kranken Menschen gibt. Paulina Krasa und Laura Wohlers werden den Fall mit ihrem Podcast „Justitias Wille“ weiter begleiten und damit wohl auch außerhalb der Juristen-Bubble für eine erhöhte Aufmerksamkeit sorgen.