In Berlin wimmelt es nur so von Lost Places. Nicht nur in der Stadt, sondern auch im Umland gibt es jede Menge alte Gebäude und ihre Umgebung für Abenteuerlustige zu erkunden.
Einer dieser Orte ist die ehemalige Villa des ehemaligen Nazi-Ministers Joseph Goebbels am Bogensee in Brandenburg. Der riesige Landsitz zeugt von einer langen Geschichte, die nun aber ein Ende finden könnte. Denn ein Berliner Politiker fordert den Abriss aller dort stehender Gebäude.
Lost Places: Zu diesem Anlass schenkte Berlin Goebbels die Villa
Zunächst zur Historie des Areals: Im Jahr 1919 ging das gut 500 Hektar große Gelände in der brandenburgischen Gemeinde Wandlitz in den Besitz der Stadt Berlin über. Diese schenkte das Anwesen Jahre später, 1936, Nazi-Funktionär Goebbels zu seinem 39. Geburtstag. Doch dem war das alles noch nicht groß genug und so ließ er kurzerhand einen neuen Landsitz auf dem Gelände errichten, mit 30 Zimmern, einem Kino, einem Gästehaus und einem Wirtschaftsgebäude.
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Schnell wurde das Anwesen zu einem beliebten Treffpunkt von dem Regime unkritisch gegenüberstehenden Künstlern und Schauspielern wie Zarah Leander oder Heinz Rühmann. Goebbels soll in seiner Villa außerdem Geliebte empfangen haben. In Anbetracht der Größe und des Prunk des Gebäudes lässt sich nur erahnen, welch wilde Nächte er dort wohl verbracht haben mag. Wenige Monate nach Goebbels Selbstmord im Jahr 1945, begann die Freie Deutsche Jugend (FDJ) ab 1946 das Gelände als Jugendhochschule zu nutzen.
So viel kostet das ehemalige Nazi-Anwesen das Land Berlin jährlich
In den darauffolgenden Jahren wurden weitere Gebäude errichtet, um eine Nutzung des Areals auch als Internat zu ermöglichen. Da immer mehr Jugendliche nach Wandlitz kamen, musste ab 1980 das Anwesen weiter ausgebaut werden. So wurde unter anderem im Lektionsgebäude ein Plenarsaal mit 560 Sitzplätzen sowie der zweitgrößten Simultananlage der DDR mit 18 Fremdsprachenkabinen eingebaut.
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Als BRD-Bundeskanzler Helmut Schmidt 1981 in die DDR reiste, fand seine Pressekonferenz auf dem Gelände am Bogensee statt. Nach der Wiedervereinigung im Jahr 1989 schloss die Jugendhochschule schließlich und das Anwesen ging zurück an das Land Berlin. Seither versuchte man das Areal auf verschiedene Weise zu nutzen – ohne Erfolg. Seit dem Jahr 2000 steht das Grundstück mit seinen denkmalgeschützten Gebäuden leer und schluckt jährlich Betriebskosten von weit über 250.000 Euro. Kein Wunder, dass es daher schon länger Forderungen nach einem Verkauf gibt.
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Nun gibt es sogar noch drastischere Forderungen. Gegenüber der „BZ“ spricht der Berlin SPD-Vermögensexperte Sven Heinemann sogar von einem möglichen Abriss des Anwesens. Das sei trotz Denkmalschutzauflagen möglich, weil es eine unzumutbare wirtschaftliche Situation darstelle. Jährlich kostet die minimale Bewirtschaftung bis zu 300.000 Euro im Jahr. Künftige Entwicklungen könnten laut dem Blatt bis zu 150 Millionen Euro kosten.
Kommunale Politiker wollen hingegen an dem Standort festhalten. Wie der Streit um das Anwesen ausgeht, ist offen. Und so wird das Anwesen wohl vorerst ein Lost Place bleiben, der immer wieder von Abenteuerlustigen aufgesucht wird.